6. Tag (Freitag, 30.07.): Imst – Pfunds

Ich habe in der Nacht wohl ein wenig vor mich hin geschnarcht und Wuffel ist am Morgen ausgesprochen genervt. Aber nach einem reichhaltigen Frühstück und einem Telefonat mit Marmel ist die gute Laune wieder hergestellt und die wild im Zimmer verstreuten Klamotten werden verpackt. Das Wetter ist zwar nicht wirklich schön und an den Berghängen um Imst herum zeigt sich häufiger mal ein Regenschleier, aber die Prognose im Videotext ist positiv und kündigt für die nächsten Tage sogar die Rückkehr des Sommerwetters an. Am Vortag haben wir uns übrigens gegen die Überquerung des Brenners entschieden und steuern nun den Reschenpass an, d.h. die weitere Fahrt führt uns nicht den Inn abwärts nach Innsbruck, sondern den Inn aufwärts zunächst nach Landeck und anschließend weiter nach Pfunds.

In Landeck angekommen steuern wir den Hofer an, um eine Kleinigkeit für die mittägliche Brotzeit einzukaufen, die wir dann auf dem selben Rastplatz wie im Vorjahr verzehren. Es gibt frische Brötchen und Liptauer, ein köstlicher Käse-Quark-Mischmasch, der bei mir irgendwie Erinnerungen an das Elternhaus hervorruft. Ich kann den Zusammenhang allerdings nicht einordnen und nehme mir vor, unbedingt Mutter und Vater danach zu fragen. Vorsichtshalber fotografiere ich die Inhaltsangabe auf der Verpackung, um zu Hause den Liptauer selbst zu produzieren.

Der Inn, unterhalb von Landeck ein ziemlich reißender Strom, ist oberhalb der Stadt nur noch ein Rinnsal. Ein klares Indiz dafür, dass es im Arlberg geregnet hat und im Engadin nicht? Oder eine Folge der Staustufe zwischen Prutz und Fließ? Keine Ahnung, aber wahrscheinlich ist das Wasserkraftwerk, das durch die Staustufe gespeist wird, der Grund. Ich vermute, dass dort am frühen Nachmittag Wasser gestaut wird, um die Spitzeninanspruchnahme am Abend zu decken, und so beeinflusst der Verbrauch an Elektrizität den Wasserstand des Inns.

Aber was kümmert uns das Wasser des Inns? Viel mehr sind wir daran interessiert, ob wir mit Wasser von oben rechnen müssen. Und da ist Entspannung angesagt: Denn wie angekündigt ist das Wetter inzwischen wesentlich besser geworden und abgesehen von kleineren Schauern scheint die meiste Zeit die Sonne, was auch sofort zu wesentlich angenehmeren Temperaturen führt. Trotzdem ist die Luft mit gut 20 Grad nicht besonders warm und bei längeren Aufenthalten im Schatten fängt Wuffel, die ausnahmsweise die Rolle des Warmduschers übernommen hat, schnell an zu frösteln.

Bei einer kleinen Fotopause geraten wir uns wegen einer dämlichen Kleinigkeit ein wenig in die Haare, ein paar Tränen fließen und eine Schweige-Halbestunde folgt. Bei einer weiteren Pause auf der Brücke in Pontlatz, wo sich vor mehr als 200 Jahren die Tiroler mit den Franzosen geprügelt haben (die Tiroler waren siegreich, sonst gäbe es dort wahrscheinlich keine Gedenktafel) begegnet uns ein radelndes Paar mit kompletter Campingausrüstung, die dem Akzent nach aus der Schweiz kommen und uns um ein Foto bitten. Eigentlich handelt es sich nicht um ein Paar, sondern um ein Trio, denn die beiden werden von ihrem Hund begleitet, der im Lenkradkorb sitzt und alles willig über sich ergehen lässt. "Die anderen Kinder wollen ja nicht mehr mit", lautet der Kommentar, der bei uns breites Grinsen hervorruft und die Schweige-Halbestunde beendet.

Den Rest der Strecke bis zum Campingplatz am Via Claudia See in Pfunds radeln wir wieder in fröhlicher Stimmung. Leider holt uns in Pfunds ein stärkerer Regenschauer ein und zwingt uns zu einer kleinen Pause, die wir für eine ausgedehnte Besichtigung des kleinen Kirchleins in der Ortsmitte nutzen. Eine Gruppe von jungen Menschen mit Mountainbikes und Campingausrüstung radelt vorbei und macht einen kurzen Zwischenstopp. An und für sich nichts Bemerkenswertes, wenn es sich nicht um Italiener handeln würde: In Italien ist Radfahren mit dem Rennrad, in den Bergen auch das Mountainbiken, ein Volkssport, aber Trekking mit dem Rad ist definitiv keine übliche Freizeitbeschäftigung.

Den Campingplatz erkennen wir kaum wieder: Im vergangenen Jahr war die Anzahl der Gäste sehr überschaubar, in diesem Jahr ist der Platz fast ausgebucht. Die Campingwirte, ein nettes und gut gelauntes Paar mit zwei kleinen Kindern, sind über diesen Zustand sehr erfreut und wir freuen uns bei einer Pizza und einem Bier mit ihnen. Das Zelt stellen wir direkt am Fluss auf, damit wir uns vom immerwährenden Rauschen des Inns in den Schlaf säuseln lassen können.

Das Engadin mit dem Ziel St. Moritz ist zwar grundsätzlich noch ein Ziel, aber aufgrund der üblen Wetterprognose schon fast aus den Überlegungen gestrichen worden. Ein Campinggast berichtet nun, dass es in St. Moritz heute während eines Schauers tatsächlich auch geschneit hat. Nichts für uns und es wird wohl nicht ins Engadin, sondern ins hoffentlich wärmere und trockenere Vinschgau weiter gehen.

Camping Via Claudiasee (*** in der subjektiven Campingwertung, obwohl die sanitären Anlagen immer noch im Container untergebracht sind), Zeltplatz inkl. einer Person 9,50 Euro, zusätzliche Person 7,50 Euro, gesamt 17,00 Euro (Dusche inklusive). Im Vergleich ergibt sich damit eine Preissteigerung von 2,40 Euro bzw. 16,4% zum Einführungspreis des Vorjahres! (Link)