7. Tag (Samstag, 31.07.): Pfunds – Prad

Mitten in der Nacht wache ich auf, weil ich ziemlich friere. Wie kalt mag es wohl sein? Ich schätze die Temperatur auf weniger als 10 Grad, aber noch deutlich über der Frostgrenze. Für einen Standort auf knapp 1.000 Metern Höhe in einer klaren Sommernacht keine Besonderheit. Fakt ist, ich friere. Und das ist eigentlich schade, denn ich habe bereits alle Klamotten an, die irgendwie wärmen: Socken, wollene lange Unterhose, Wärmeshirt, Fleecepullover. Trotzdem ist mir so kalt, dass ich schlotternd im Schlafsack liege. Der Schlafsack: Er hat mir nun schon einige Jahre treu gedient und dabei in jedem Jahr im wahrsten Sinne des Wortes einige Federn gelassen, so dass er seine Funktion Jahr für Jahr ein wenig verloren hat. Ich freunde mich schon mal mit dem Gedanken an, dass wir uns trennen müssen, denn Temperaturen von unter 10 Grad muss ein alpentauglicher Schlafsack aushalten können.

Am Morgen ist der Frost der Nacht schnell vergessen, denn die Sonne scheint schon früh auf meine Zelthälfte und sorgt für sehr angenehme Temperaturen. Wir genießen die Wärme und sorgen dafür, dass Kondenswasser im Zelt und Tau außen auf dem Zelt gründlich abtrocknen können. Folge: Wir sind wieder einmal erst kurz vor Mittag startklar. Jetzt noch schnell einen Plausch mit den Campingwirten, einen motivierenden Capuccino und los geht's auf die Straße in Richtung des Zollamtes Martina in der Schweiz. Fünf Minuten nach dem Start fällt uns ein, noch einmal über den weiteren Verlauf der Tour zu diskutieren. Wuffel scheint einer Weiterfahrt ins Engadin bei strahlendem Sonnenschein, wolkenlosem und tief dunkelblauem Himmel nicht abgeneigt zu sein. Auch ich könnte mich überzeugen lassen und so checken wir per Handy die aktuelle Wetterprognose für St. Moritz für die nächsten Tage: Heute sonnig und kühl (Frühtemperaturen bei zwei Grad, mittags bei 18 Grad), morgen nur leicht wolkig und ein wenig wärmer (Frühtemperaturen bei vier Grad, mittags um 22 Grad), übermorgen wolkig mit Mittagstemperaturen von 18 Grad und einer Regenwahrscheinlichkeit von 99 %. Kälte und Regen? Nein danke! Wir fahren über den Reschenpass ins Vinschgau, auch wenn wir damit dieselbe Strecke fahren wie im vergangenen Jahr.

Hinter dem schweizer Zollamt geht es dann auf den Berg, elf Spitzkehren bis zur Norbertshöhe. Direkt anschließend werden einige dieser Höhenmeter wieder vernichtet: Schnell rauschen wir hinab nach Nauders, um dort eine kleine Shopping-Pause beim MPreis einzulegen und den Radweg zum Reschenpass zu treffen. Die letzten Meter bis auf die Passhöhe sind schnell gefahren und vor uns erscheint das wundervolle Panorama mit dem Reschensee im Vordergrund und dem von reichlich Schnee und Eis bedeckten Ortlermassiv im Hintergrund. Ein wunderbarer und motivierender Anblick, bei immer noch tiefblauem Himmel und strahlendem Sonnenschein.

Am Reschensee ist einiges los, denn heute findet der Reschenseelauf statt, ein Volkslauf mit vielen Teilnehmern, die sich jetzt am frühen Nachmittag auf dem Rad- und Wanderweg warm laufen. Im Startbereich bzw. Zieleinlauf ist es so voll, dass wir unsere Bikes einige Zeit schieben müssen, dafür werden wir aber durch  musikalische Untermalung entschädigt, denn eine Truppe Trommler sorgt für reichlich Rhythmus und Lärm.

Die verbleibenden 30 Kilometer bis Prad vergehen wie im Fluge. Leider wären wir beinahe tatsächlich geflogen, denn vor der Burg in Burgeis fahren wir mit hoher Geschwindigkeit auf einen Weg, der mit feinem Kies frisch und tief geschottert ist und verlieren beide die Kontrolle über die voll bepackten Bikes. Wuffel fährt vor mir und ich sehe, wie sie hin und her schleudert, bin aber selbst zu schnell, als dass ich noch darauf reagieren könnte. Nach einigen Metern gelingt es uns beiden, die Bikes zum Stehen zu bringen. Der Schreck über diesen Beinahe-Sturz sitzt uns deutlich in den Knochen und wir achten fortan mehr auf die Strecke und ihre Besonderheiten.

Der Campingplatz in Prad ist uns aus dem Vorjahr bekannt, so dass es keine größeren Schwierigkeiten gibt, ihn zu finden. Der Platz ist eigentlich ausgebucht und wir erhalten einen Restplatz direkt neben der Rezeption. Vorteil: Sanitäre Anlage in der Nähe und hervorragende WLAN Verbindung im Zelt, welch ein Luxus. Nachteil: Nebenan ist das Kinder-Spielparadies und dort wird abends ein ziemlich höllischer Krach produziert.

Camping Kiefernhain in Prad (**** subjektiv, *** offiziell), 203,00 Euro für zwei erwachsene Radler im Zelt (für eine Woche), Dusche und Freibadbenutzung inklusive. (Link)