13. Tag (Freitag, 6.08.): Montoni

Morgens um 8 Uhr hört es endlich auf zu regnen! 27 Stunden Dauerregen im Vinschgau, das als das trockenste Tal der Alpen gilt und wo Landwirtschaft nur bei ausreichender künstlicher Bewässerung betrieben werden kann. Was ist hier los, Klimawandel? Zunahme der Niederschläge statt globaler Erwärmung? Abkühlung und unendliche Wassermassen über Südtirol statt Ausdehnung der Sahara bis kurz vor München? Wahrscheinlich alles quatsch, denn im Vinschgau hat es seit Wochen nicht mehr richtig geregnet, an allen nicht bewässerten Hängen zeigen sich ernsthafte Trockenschäden und die Landwirte frohlocken ob der neuerlichen Regenmengen. Ein Wechsel von andauernden Trockenperioden und ausgiebigen Niederschlägen ist schon seit Jahrhunderten typisch für diese Region südlich des Alpenhauptkammes und die Landwirtschaft ist hier seit jeher auf künstliche Bewässerung angewiesen, wie zahlreiche historische Bewässerungskanäle, die so genannten Waale, belegen. Möglicherweise ist der Dauerregen also eine Folge meiner Anwesenheit, denn: Wo ich bin, ist der Regen! Tröstlich ist, dass unser Schönwetterzelt dank der zusätzlichen Plane nun tatsächlich weitestgehend regendicht ist und wir im Trockenen schlafen können. Kalt ist es trotzdem und wir haben während der Nacht alle möglichen wärmenden Klamotten angezogen, Socken, lange Unterhosen, Wärmeshirts und Pullover, eben alles, was greifbar war.

Am Nachmittag beschließe ich, eine kleine Runde zu fahren. Wuffel ist wenig motiviert und so starte ich in Richtung Bahnhof Spondinig. Dort gibt es einen Schaukasten mit Tourenvorschlägen und ich lasse mich wiederum inspirieren. Ich bin zunächst etwas unschlüssig, entscheide mich letztendlich jedoch für eine nochmalige Fahrt nach Tanas, diesmal jedoch auf der offiziell ausgewiesenen Bikestrecke, da ich auf komplizierte Single-Trails heute keine Lust habe. Als ich entdecke, dass ich zunächst noch einmal nach Prad zurückfahren muss, verwerfe ich alle Überlegungen und fahre auf der Straße zum Stilfser Joch in Richtung Gomagoi weiter.

Der Verkehr ist minimal, denn das Stilfser Joch ist gesperrt, zu viel Neuschnee dort oben. In Gomagoi nehme ich die Fahrstraße nach Stilfs, immer streng aufwärts, biege links ab zum Sportplatz, noch strenger aufwärts, und folge den Wegweisern zur Schartalm, nach wie vor streng aufwärts, diesmal jedoch auf Schotter. Die Strecke ist einfach zu fahren, erfordert jedoch Kondition. Auf der Schartalm angekommen, kann ich es mir nicht verkneifen, die letzten Höhenmeter bis zum Sendemast auf dem Montoni auch noch zu fahren. Ein schöner Umweg, für den ich mit unerwarteten Ausblicken auf den Reschenpass und die Berge im Norden des Etschtales entlohnt werde.

Die Abfahrt geht rasant über geschotterte Waldwege, an der Ruine Lichtenberg vorbei, durch den Ort Lichtenberg und weiter bis Prad. Leider habe ich die falschen Klamotten an und so komme ich völlig durchgefroren auf dem Zeltplatz an und brauche erst einmal eine ausgedehnte heiße Duschsession und einen Schluck Rotwein, den ich mit meiner Anti-Kälte-Mischung (Stroh-Rum mit Absinth) ein bisschen verstärke. Der Abend, unser letzter Abend in Prad, wird bei einer Pizza im nahen Restaurant mit dem typisch italienischen Namen "Sandheim" abgeschlossen.