14. Tag (Samstag, 7.08.): Prad – Kalterer See

Heute ist es also soweit und wir verlassen nach einer Woche den Campingplatz "Kiefernhain" in Prad, an den wir uns schon ziemlich gewöhnt haben. Es dauert länger als gedacht, bis wir unsere Sachen abgebaut und zusammen gepack haben und irgendwie scheint unsere Ausrüstung umfangreicher und schwerer geworden zu sein. Na gut, die Regenplane wiegt drei bis vier Kilo und ist auch zusammengefaltet nicht gerade klein, aber auch sonst haben wir Probleme, alles an Ort und Stelle zu verpacken.

Bezahlen, noch schnell einen Espresso bei unserer nicht naturblonden Lieblingsrezeptionistin und dann geht es um Mittag herum los. Zu Beginn treibt uns kräftiger Wind, der vom Reschenpass herunterweht, das Tal hinab und die traumhafte Landschaft mit verschneiten Berggipfeln rauscht an uns vorbei. Nach der Mittagspause in der Nähe von Naturns ist es mit diesem natürlichen Schub vorbei und wir müssen uns wieder verstärkt auf die eigene Muskelkraft verlassen, die aufgrund des großen Gefälles zwischen Naturns und Meran jedoch nicht über alle Maßen gefordert wird.

Dank umfangreicher Förderung durch die EU konnte der Etschtalradweg so gebaut werden, wie wir ihn heute vorfinden: Zumeist asphaltiert, fast immer getrennt von öffentlichen Straßen, perfekt ausgeschildert und in regelmäßigen Abständen mit Rastplätzen und Brunnen ausgestattet. Einfach super! Ein absolutes Highlight ist dabei die Abfahrt nach Meran, wo der Radweg mit eigens dafür gebauten Kehren immer direkt an der tosenden Etsch entlang den steilen Hang bewältigt, sehr fotogen.

Während unserer Fahrt ist es deutlich wärmer geworden. Dies liegt natürlich an der Uhrzeit, aber auch an der Höhe: Prad liegt ca. 900 Meter hoch, Meran nur noch gut 300 Meter. Diese Höhendifferenz ist ausreichend für einen Wechsel der Vegetation von alpin auf subtropisch und plötzlich sind Palmen zu sehen. Dabei ist es jedoch nicht unangenehm heiß, ich schätze die Temperatur auf ca. 27 Grad, und die Sonne ist oftmals hinter Wolken verborgen. A propos Wolken: Im Norden sitzt ein Tiefdruckgebiet und schickt gelegentlich einige Boten über den Alpenhauptkamm, die jedoch gegen das im Süden vorherrschende Hochdruckwetter keine echte Chance haben.

In Meran geht es auf Radwegen durch Randbereiche der City und nicht besonders schöne Wohnsiedlungen, dann auf einer nur mäßig befahrenen öffentlichen Straße weiter und einige Kilometer nach der Stadt treffen wir dann wieder auf die Etsch. Immer auf dem Deich geht es parallel zur Bahnlinie weiter in Richtung Bozen. Hier herrscht reichlich Verkehr: Rennradler und Mountainbiker mit einem fiktiven Zeitlimit rauschen mit Höchstgeschwindigkeit an uns vorbei und sind sofort am Meckern, wenn wir einmal nebeneinander fahren und nicht sofort bemerken, wenn wir überholt werden wollen. Da so gut wie niemand wegen Gewichtsersparnis ein Ping oder sonstigen Klingelersatz am Lenker hat, wird eben gerufen, geschnalzt oder gepfiffen und dann geht es in vollem Tempo an uns vorbei. Wuffel hasst es, von anderen Bikern angeschnalzt oder -gepfiffen zu werden und meckert gelegentlich auch mal lauter. Was aber auch nichts bringt, denn diesen Speed-Bikern pfeift der Fahrtwind so laut in den Ohren, dass sie davon nichts mitbekommen.

In der Höhe von Bozen wird der Radweg aus dem Etschtal heraus geführt und es geht auf einer romantischen, stillgelegten Bahnstrecke durch die Weinberge hinauf nach Eppan. Wir sind beide der Meinung, dass alte Bahnstrecken in Radwege umzuwandeln eine extrem gute Idee ist und sind ganz besonders durch die beiden alten Bahntunnel, die wir passieren, beeindruckt.

Kurz vor Eppan dann eine böse Überraschung: Wuffel beschwert sich über ein wackeliges Hinterrad und schlenkert tatsächlich unkontrolliert hin und her. Schnell entdeckt sie, dass die Speichennippel lose sind und sich deshalb das Hinterrad beim Fahren mit Gepäck mehr oder weniger stark verformt. Wie kann so etwas geschehen? Vermutlich war das Hinterrad für diese Belastungen nicht straff genug eingespeicht und so konnten sich während der vergangenen Tage die Spechennippel selbständig lösen. Auch das noch! Aber es hilft nichts, das Fahrrad ist nicht mehr fahrbereit und vor einem noch geöffneten Discounter in Eppan starte ich eine Notreparatur, damit Wuffel wenigstens nicht vom Bike fällt. Das Ergebnis ist ein bedingt fahrbereites Bike mit einem schleifenden Hinterrad und ungewollter Bremswirkung.

Glücklicherweise geht es jetzt nur noch halbwegs eben weiter und einige Kilometer nach Eppan kommt dann die Abfahrt zum Kalterer See bzw. zum Campingplatz St. Johann. Der Platz ist eigentlich rappelvoll aber wie immer finden wir noch ein Plätzchen auf der Zeltwiese, die leider nur eine Lärmschutzwand von der nahen Straße entfernt ist.

Vor die Wahl gestellt, jetzt das Bike zu reparieren oder in den See zu hupfen, entscheide ich mich für das Hupfen. Das Bad im See entschädigt für die Mühen des Tages, führt jedoch zu einem steigenden Salzgehalt in diesem Gewässer. Glühwürmchen gibt es in diesem Jahr nicht zu sehen, auch keine in der Ferne leuchtenden Blitze. Dafür werden wir mal wieder von zahlreichen Blutsaugern als willkommenes Abendessen betrachtet.

Campingplatz St. Josef (*** in der subjektiven Campingwertung), 6,50 Euro pro Erwachsener, 4,60 Euro für das Zelt, gesamt 17,60 Euro, Dusche inklusive.