23. Tag (Montag, 16.08.): Torbole 

Am frühen Morgen, es ist noch dunkel, werde ich durch lautes Gequatsche aus dem Zelt nebenan geweckt. Was ist los? Der italienische Zeltbewohner hat ein Telefonat angenommen und telefoniert so, wie ein Italiener eben telefoniert: Laut und deutlich, so als ob die Qualität der Übertragung bei erhöhter Lautstärke besser wird. Er scheint sich aber dessen bewusst zu sein, dass die gesamte Zeltwiese mithört, schält sich aus seinem Zelt und verschwindet außer Hörweite. Während dessen erscheinen zwei deutsch sprechende Girls auf der Zeltwiese. "Nee", sagt die Eine, "da ist ja keiner im Zelt und alles ist völlig offen. Da geh ich jetzt nicht rein." Die Andere murmelt etwas wie: "Der ist die größte Schnitte von Torbole," und anderes unverständliches Zeug, stimmt ihr aber offensichtlich zu, denn beide verlassen die Zeltwiese. Fünf Minuten später ist der Italiener wieder zurück, weitere fünf Minuten später erscheinen auch die beiden Girls wieder auf der Bildfläche. Reißverschluss auf, Reißverschluss zu und es folgt eine Viertelstunde mit Kichern und Flüstern. Dann Stille, die nur durch die typischen Geräusche unterbrochen wird, wenn eine Liegeunterlage hin und her geschoben wird. Was die Drei dort veranstalten? Begattung, was sonst, auf einem Zeltplatz bleibt so etwas eben kein Geheimnis. Grinsend schlafe ich vor dem Finale wieder ein, werde aber einige Zeit später wieder geweckt, diesmal von Babygeschrei. "Nanu", denke ich, "so schnell geht das aber nicht. Zwischen Befruchtung und Wurf liegen beim menschlichen Weibchen einige Wochen, nicht einige Stunden?" Logisch, es ist nicht das Ergebnis der Ménage à trois von nebenan, sondern das schon einige Monate alte Produkt der tschechischen Familie, die sich gestern in der Nähe aufgebaut hat. Keine Ahnung, was das Kleine will. Und die Eltern wissen es offensichtlich auch nicht, denn das Geschrei hält an und selbst Wuffel wird wach. Irgendwann haben die Eltern wohl den Aus-Schalter gefunden und es kehrt wieder Ruhe ein.

Das Ergebnis dieser Nacht: Zwei verschlafene Biker, die morgens trotz herrlichstem Sonnenschein nicht so richtig in Schwung kommen und lange im Schlafsack schmoren. Um elf sind wir dann beim Frühstückseinkauf im nahen Coop, anschließend wird saubergemacht und die Ausrüstung getrocknet. Auf dem See herrscht absolute Flaute mit minimalen Wellen, denn die Tramontana ist heute ebenfalls schläfrig, und die Surfer liegen gelangweilt auf ihren Brettern herum. "Ein richtiges Trainingswetter für Anfänger", denken wir, und in der Tat sind heute hauptsächlich Surfschüler auf dem Wasser, die regelmäßig von ihren Trainern mit Anweisungen vollgebrüllt werden.

Nur so zum Spaß checke ich am Mittag die Wettervorhersage im Internet auf wetter.de für Riva del Garda. Das Ergebnis: 10 Stunden Sonnenschein und eine Niederschlagswahrscheinlichkeit von unter 5% werden angekündigt. Ich werfe einen Blick an den Himmel und sehe dicke Wolken, die sich über dem Val di Ledro im Westen türmen. "Hä? Irgendeiner spinnt hier", denke ich mir. Zur weiteren Information sehe ich mir das Satellitenbild an und erkenne ein Tiefdruckgebiet mit Kern über Frankfurt, das die Schweiz, Österreich und weite Teile Bayerns mit ergiebigem Regen versorgt und dessen südliche Ausläufer sich auf dem Weg zu uns machen. Und so ist es denn auch: Um ein Uhr startet die Ora mit voller Wucht, was bei allen Surfern zu spontaner Begeisterung führt, und um drei Uhr beginnt es über dem Val di Ledro kräftig zu donnern. Unser tägliches Gewitter gib uns heute... Aber zu diesem Zeitpunkt ist unsere gesamte Ausrüstung, ausgenommen die Schuhe, mit Hilfe der Ora bereits gut abgetrocknet! Wieso ist wetter.de so grottig ungenau? Reine Schikane? Dämlichkeit? Wer weiß...

Ha! Während ich mit PC und Espresso unter dem Regendach der Campingbar sitze und um mich herum mal wieder ein Wolkenbruch stattfindet, platzieren sich am Nebentisch zwei deutsch sprechende Mädels. Eine ist schon seit längerer Zeit auf dem Platz und hat von Wuffel den Namen Kristin C. bekommen, weil sie im Profil an die reale Kristin C. erinnert. Die Andere ist mir noch nicht bekannt, aber aus dem unfreiwillig mitgehörten Gespräch entnehme ich, dass sie in der vergangenen Nacht an der Vermehrungsaktion im Nachbarzelt teilgenommen hat. Eine echte Teeny, die sich ganz klar in die "italienische Schnitte" verguckt hat und jetzt auf der Suche nach todsicheren Tipps ist, wie aus dieser Bett- bzw. Zeltgeschichte mehr werden kann. Die arme Kleine, noch (?) so naiv und gutgläubig. Warum sind Frauen so? Ich werde Wuffel später mal interviewen.